chasing cars

Es gibt bestimmte Motive, die gehören zur analogen Fotografie wie der Haferdrink zu meinem Kaffee, den ich gerade schlürfe - ohne nicht denkbar. Und sind wir ehrlich, die Chancen sind hoch, dass auch du bereits eines dieser Motive fotografiert hast. Vorausgesetzt du fotografierst analog. Da ist die Leiter, die ins Wasser führt. Klassiker. Dieser eine Baum, der ganz alleine in der Landschaft steht. Oder das Spiegelselfie, nur halt mit Kamera statt iPhone und deutlich mehr Körnung. Und da wären natürlich die Autos. Am liebsten schnelle. Oder alte. Wahlweise auch beides.

Deutschland, das Land der Autos und der unbegrenzten Geschwindigkeiten. Hier gebaut sind sie weltweit geschätzt, BMW, Mercedes, VW. Aber was macht Autos so faszinierend für die analoge Fotografie? Das Chrom, der Charm, die Form - Oldtimer sind einfach einzigartig. Und inzwischen auch rar. Ein moderner Rennwagen hingegen beeindruckt durch Spoiler, Frontschürze, Kotflügel. Unsere Faszination? Die haben wir vererbt bekommen.

we got it from our dads

Denn wer mit der russischen hands on Mentalität geboren wird, so wie mein Vater, der kennt sich irgendwann von A bis Z aus. Vom Abgasfilter bis zur Zündanlage. Du kannst dir eine professionelle Reparatur in der Werkstatt leisten oder nun ja, du suchst dir selbst die passenden Werkzeuge zusammen. Noch heute lässt es sich mein Vater nicht nehmen, sämtliche Reparaturen und Reifenwechsel selbst an meinem Auto durchzuführen. Ich kann nicht an einer Hand abzählen, wie viele Autos mein Vater im Leben schon gefahren ist. Ein gepflegtes Auto war ihm jedoch schon immer wichtig. Kein Statussymbol, sondern ein solides Fahrzeug. Durch seinen Einfluss blicke ich anders auf Autos. Nämlich voller Faszination und meist durch einen Sucher.

Einen anderen Blick auf Autos hatte auch Melwins Vater - nämlich übers Lenkrad und durch die Scheibe auf die Rennstrecke. Es ist eine Sache, sich technisch mit Autos auszukennen und nochmal eine ganz andere, mit bis zu 260 km/h eine kurvige Straße hochzufahren. Man bedenke, dass Autos in den 1980er Jahren nichtmal ansatzweise dieselben Sicherheiten von heute aufwiesen. Seine Leidenschaft für die Rennstrecke muss ähnlich der unseren für die Fotografie gewesen sein. Vielleicht sogar noch mehr, immerhin setzen wir nur selten unser Leben aufs Spiel, wenn wir fotografieren. Deshalb bleiben wir auch lieber hinter der Kamera, wenn wir Oldtimer, Rennauto und Luxuskarosse fotografieren. Es wird ihn in jedem Fall freuen zu sehen, dass auch seine Söhne ein Herz für den Rennsport haben. Von der Zuschauertribüne aus.

Vererbte Faszination

Öl-, Filter- und Reifenwechsel vom besten Kfz-Meister, den ich kenne - meinem Vater. In niemandes Händen ist mein Ford Kuga so gut aufgehoben, wie in seinen.


bergrennen

Wenn die Motoren durch das Dorf grölen, dann ist mal wieder Bergrennen. Alljährlich und bereits zum 55. Mal versammelten sich leistungsstarke Tourenwagen, Rennsportfahrzeuge und ihre Fahrer im beschaulichen Eichenbühl, um die Gemeinde samt ihrer 2500 Einwohner aufzumischen. Ein Grund, weshalb wir es uns selbst an diesem 30 Grad heißen Sommertag nicht nehmen lassen wollten, das Bergrennen zu besuchen: Melwins Vater ist genau diese Strecke gefahren, genau diese 3,050 km. Damals, vor 40 Jahren in seinem VW Golf 1 GTI. Ehrfurcht machte sich in uns breit, vor Melwins Vater und den knapp 150 teilnehmenden Fahrern dieses Tages.

eichenbühl 1982

Melwins Vater in seinem VW Golf 1 GTI in der Zielkurve beim Bergrennen Eichenbühl. Ein Glück, dass es auch damals schon Kameras und gute Fotografen gab!

Etwas anderes fühlten wir hingegen beim Anblick der sogenannten Klinge, einer wahrlich außergewöhnlichen Zuschauertribüne. Man muss sie gesehen haben, um zu begreifen. Die Stimmung war elektrisierend an diesem heißen Tag. Und das Bier floss nahezu schneller die Kehle manches Zuschauers hinunter als der Ford Focus ST den Berg hinauffahren kann. Ohne Bier, dafür mit reichlich Wasser und Kameraequipment im Gepäck ließen wir die Klinge hinter uns, auf der Suche nach dem perfekten Aussichtspunkt. Anders als bei klassischen Rennen wie der Rundstrecken Challenge am Nürburgring fahren hier nicht alle Fahrer gleichzeitig, sondern nacheinander in möglichst rekordverdächtiger Bestzeit die Strecke hoch. So steht man da also - die Profis bringen natürlich eine Sitzmöglichkeit und die Ultras sogar einen Sonnenschirm mit - und wartet auf die Fahrer. Die sind aber so schnell an dir vorbeigefahren, dass du es gerade noch geschafft hast die Autofarbe und vielleicht sogar die Automarke zu erkennen. Noch nie habe ich so schnell auf den Auslöser drücken müssen wie an diesem Tag. Die Begeisterung für Fahrzeuge wie den BMW E30, Mercedes 190E und VW Polo 8V war groß, die Filme hingegen schnell voll und wir - erschöpft. Erschöpft von den vielen Eindrücken, den lauten Geräuschen und der unerträglichen Hitze. Ob wir nochmal den Berg erklimmen würden? Jederzeit. In Eichenbühl kamen unsere Leidenschaften für Kameras und Karossen zusammen.

Mit Liebe (für unsere Väter) verfasst von Ksenia

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analog talks mit paddy (@paddyjw)

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